Die Fontana Pretoria in Palermo

Die Fontana Pretoria in Palermo: Brunnen der Schande

Der eindrucksvolle Brunnen im Stil der Spätrenaissance hat eine bewegte Geschichte. Im 16. Jahrhundert, ursprünglich für eine toskanische Privatvilla in Auftrag gegeben, fand das imposante Bauwerk in Palermo seinen Bestimmungsort. Wie kaum ein anderes Monument, zieht es die Blicke auf sich und sorgte in der Vergangenheit sogar für erhitzte Gemüter.

von: Adriana Cuffaro | 17 Nov 2021

Fontana Pretoria: Kann ein Brunnen Sünde sein?

Im Zentrum der Altstadt, südlich der Quattro Canti an der Via Maqueda, befindet sich die berühmte Fontana, die mit 133 Metern Umfang und einer Höhe von 12 Metern eine herausragende Erscheinung ist.

Sie fällt nicht nur durch ihre großzügigen Dimensionen ins Auge, sondern auch aufgrund ihrer Gestaltung: konzentrische Wasserbecken auf unterschiedlichen Ebenen, die durch Treppen verbunden sind, eine mittige Brunnensäule und zahlreiche unbekleidete Statuen von Gottheiten und Nymphen. Während die Darstellung freizügiger Figuren heutzutage kaum bis kein Aufsehen erregt, war das in der Vergangenheit anders.

Die Palermitaner empfanden dies als skandalös und nannten den Brunnen „Fontana della Vergogna“, also „Brunnen der Schande“. Die Gemüter haben sich längst beruhigt, doch der Beiname des Brunnens ist bis heute geblieben. Nach historischen Überlieferungen gibt es jedoch - neben den nackten Tatsachen - auch noch einen anderen Grund für den wenig charmanten Spitznamen. Mehr zur Causa „Fontana della Vergogna“ erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Statuen von nackten Flussgöttern und einer Nymphe an der Fontana Pretoria
Statuen von nackten Flussgöttern und einer Nymphe an der Fontana Pretoria
Foto: © Leonid Andronov– stock.adobe.com

Über Geld und Moral

Damals wie heute wird die Verschwendung von öffentlichen Geldern angeprangert und stößt bei der Bevölkerung auf großen Unmut. So auch geschehen im Jahr 1574, als der imposante Brunnen vom Palermitanischen Senat für etwa 30.000 Scudi* erworben wurde. Das Monument erreichte Palermo, zerlegt in 644 Einzelteile, und musste auf einer eigens dafür eingeebneten Fläche aufwendig Stück für Stück errichtet werden. Das kostete nicht nur Zeit, sondern vor allem auch Geld.

Das Palermitanische Volk, von Hungersnöten und Elend geplagt, hatte für diese hohen Ausgaben wenig Verständnis und soll – der Überlieferung nach – „Schande, Schande“ gerufen haben, als die Mitglieder des Senats das Gebäude verließen. Gut nachvollziehbar, dass dieser Umstand zum Beinamen geführt haben soll. Das Volk muss diese große kulturelle Investition im Hinblick auf die schwierigen Lebensumstände als pure Provokation empfunden haben.

Als Folge kam es in der Vergangenheit immer öfter zu Vandalismus und Beschädigungen der Marmor-Statuen. So wurde der Brunnen mit Gittern eingezäunt und Ende des 20. Jahrhunderts aufwendig restauriert. Seither erstrahlt das Monument in seiner vollen Pracht und lockt jedes Jahr zahlreiche Touristen an. Doch warum kam es dazu, dass die Fontana aus der Toskana nach Sizilien reiste?

Die Piazza Pretoria in Palermo aus der Vogelperspektive
Die Piazza Pretoria mit dem Brunnen aus der Vogelperspektive
Photo by Cristina Gottardi on Unsplash

Destinazione Palermo: Ein Brunnen geht auf Reise

Alles begann damit, dass Don Pedro Àlvarez de Toledo, spanischer Vizekönig von Neapel, den Bildhauer Francesco Camillani damit beauftragte, einen Brunnen für sein Florentiner Anwesen zu erschaffen. Doch ein Jahr vor Fertigstellung des Bauwerks, im Jahr 1553, verstarb der Vizekönig.

Sein Sohn Luigi Àlvarez de Toledo entschied sich dazu, den Brunnen an die Stadt Palermo zu verkaufen. Ob er das aufwendige Kunstwerk veräußerte, weil er Schulden oder keine Verwendung dafür hatte, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Am Ergebnis ändert dies nichts, denn so hieß es für die Fontana: Destinazione Palermo.

Auf der neu erschaffenen Piazza Pretoria errichtet, verdanken dieser Platz und die Fontana ihren Namen dem Palazzo Pretoria, dem Rathaus von Palermo, das sich in unmittelbarer Nähe befindet. Doch kommen wir zurück auf die eindrucksvolle Fontana, die wir in den folgenden Abschnitten näher betrachten möchten.

Blick auf die Treppe und auf göttliche Torsi an der Fontana Pretoria
Über eine Treppe kommen Sie, an zwei von acht göttlichen Torsi vorbei, auf die erste Ebene der Fontana Pretoria.
Foto: © dudlajzov – stock.adobe.com

Allegorische Statuen und das Tor zum Himmel

Wenn Sie durch Palermo flanieren und ihr Spaziergang Sie an der Fontana Pretoria vorbeiführt, lohnt es sich, einen Moment zu verweilen und das beeindruckende Renaissance-Bauwerk genauer zu betrachten. Nehmen Sie sich etwas Zeit, umrunden Sie den elliptisch angelegten Brunnen und entdecken Sie die vielfältigen Gestaltungselemente.

Wenn wir die Fontana von außen nach innen besichtigen, fallen zuerst die acht äußeren Torsi ins Auge: kolossale weibliche und männliche Gottheiten. Diese sollen symbolisch die Grenzen von Raum und Zeit darstellen, wie ein Zugang zur himmlischen Tür. Eine schöne Vorstellung, hier Ihre Entdeckungstour zum Zentrum der Fontana zu starten.

Nach Erklimmen der ersten Stufen erreichen Sie die erste Ebene. Hier begegnen Ihnen während Ihres Rundgangs vier kleinere Becken, an denen sich allegorische Statuen der Flüsse Palermos Oreto, Papireto, Gabriele und Maredolce befinden.

Waren Sie schon einmal in Rom an der Piazza Navona? Die Idee Flüsse als allegorische Figuren bei der Brunnengestaltung zu verwenden, findet sich auch im Vierströmebrunnen wieder, der sich auf dem berühmten Platz befindet. Es wird vermutet, dass sein Erbauer, Bildhauer Gian Lorenzo Bernini, sich durch die Fontana Pretoria inspirieren ließ.

Becken mit Statuen auf der ersten Ebene der Fontana Pretoria
Eines der vier Becken mit Statuen auf der ersten Ebene der Fontana Pretoria
Foto: © Kiev.Victor / Shutterstock.com

Römisch-griechische Gottheiten und der Genius von Palermo

Bereit für die nächste Ebene? Bevor Sie die neun Stufen nach oben erklimmen, können Sie an den Treppengeländern Statuen aus der griechischen und römischen Mythologie bestaunen. Diana, Adonis, Venus, Apollon, Mercurius und weitere Figuren mit Rang und Namen der Antike säumen die eleganten Balustraden. Oben angekommen, erwartet Sie eine dreistufige Brunnensäule mit Wasserspielen.

Reich an mystischen und tierischen Figuren, wie Gänsen, Schildkröten und Seemonstern, bildet die Säule den Mittelpunkt des Brunnenkomplexes.

Wasserspiel aus tierischen und mystischen Figuren
Dieses Wasserspiel aus tierischen und mystischen Figuren verziert die Mittelsäule
Foto: © stop i will shoot / Shutterstock.com

Auch die Spitze der Säule verdient eine nähere Betrachtung: Hier thront mit wachen Augen Genius von Palermo, Wahrzeichen und Schutzpatron der Stadt. Er stammt der Überlieferung nach aus prä-romanischer Zeit und stellt eine der ältesten mythologischen Abbildungen der Stadt dar.

Interessanter Fakt zur Genius-Statue: Camillani, Erbauer des Brunnens, hatte ursprünglich eine Bacchus-Statue im Sinn. Da die Fontana ihren Weg nach Palermo fand, wurde seinerzeit Antonino Veneziano, ein Dichter aus Monreale, damit beauftragt, das Bauwerk nach regionalen Aspekten zu interpretieren. Er identifizierte – ganz der Lokalpatriot – den Bacchus als Genius und so wurde aus dem römischen Gott des Weines und Rausches der Patron von Palermo.

Mittelsäule der Fontana Pretoria mit Rathaus im Hintergrund
Die Mittelsäule mit Genius an der Spitze und dem Rathaus im Hintergrund
Foto: © Travel Faery / Shutterstock.com
Standort der Fontana Pretoria in Palermo
Standort anzeigen (Google Maps)

Die Fontana Pretoria in Palermo erleben

Haben wir Sie neugierig gemacht? Die Fontana di Pretoria ist nur einer von vielen Orten, die Sie in Palermo bestaunen können. Die Hauptstadt der Region Sizilien wurde 2018 vom Minister für Kulturgüter und Tourismus zur italienischen Kulturhauptstadt ernannt – zu Recht, wie wir finden. Besuchen Sie Palermo, lernen Sie die facettenreiche Geschichte kennen und erkunden Sie auf eigene Faust die nordsizilianische Hafenstadt. A presto!

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